Nach dem Apothekensterben folgt die Unterversorgung des ländlichen Raums

08.07.2024

Auf Einladung des Bundestagsabgeordneten Detlef Seif trafen sich 20 Apotheker und Pharmazeutisch-Technische Assistenten zu einem Austausch in der Kolping-Apotheke des Kreisvertrauensapothekers, Dr. Thomas Göbel in Mechernich.

Detlef Seif war es gelungen, den Obmann der CDU/CSU-Fraktion im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages, Dr. Georg Kippels, für die Veranstaltung zu gewinnen.

Hintergrund des Treffens war die geplante Apothekenreform des Bundesgesundheitsministers. So sieht der Referentenentwurf von Karl Lauterbach unter anderem Notapotheken vor, ohne ständige Dienstbereitschaft und auch ohne erforderliche Anwesenheit eines Apothekers. Die Betreuung in der Apotheke soll dann auch durch pharmazeutisch-technische Assistenten (PTA) wahrgenommen werden können.

„Lauterbachs Pläne sind skrupellos. Einrichtungen ohne Apotheker sind keine Apotheken“, merkte eine Apothekeninhaberin an. Eine PTA äußerte darüber hinaus erhebliche Bedenken: „Die Ausbildung zu einer PTA befähigt nicht zur umfassenden Betreuung der Kunden in der Apotheke. Wir sind hierfür nicht ausgebildet!“

Zu der Apothekenreform gehört insbesondere auch die Neuordnung der Apothekerhonorare. Neben einer geringfügigen Erhöhung des Festbeitrages für rezeptpflichtige Arzneimittel soll auf den Einkaufpreis bezogene prozentuale Vergütung gesenkt werden. Der variable Bestandteil des Honorars wird damit um mehr als 30 % reduziert.

Der Kreisvertrauensapotheker Dr. Thomas Göbel und der stellvertretende Vertrauensapotheker Dr. Ulrich Bauer machten deutlich, dass besonders die Untätigkeit des Bundesgesundheitsministers nach der jüngsten Entscheidung des Bundesgerichtshofs für viele Apotheken existenzbedrohend ist.

Der Bundesgerichtshof urteilte, dass Preisnachlässe sich nur noch auf den Zuschlag der Vorlieferanten beziehen dürften.

„Das bedeutet Honorareinbußen für die meisten Apotheken von bis zu 40 %, was dazu führen wird, dass viele Apotheken ihren Betrieb aufgeben müssen“, bewertete der Vertrauensapotheker Dr. Thomas Göbel die Entscheidung des Gerichts. Dr. Göbel: „Wir Apotheker jammern nicht auf hohem Niveau. Viele Inhaber verdienen weniger als ihre Angestellten. Der Referentenentwurf von Lauterbach fordert uns indirekt auf, Mitarbeiter zu entlassen.“

Dr. Georg Kippels betonte, wie wichtig es ist, dass sich die Apothekerverbände und die Apotheker im Gesetzgebungsverfahren einbringen. Georg Kippels: „Das Gesundheitsministerium hat den Referentenentwurf bewusst ohne die Einbeziehung der Verbände verfasst, um keinen Widerstand zu erfahren. Politik funktioniert aber nur, wenn man sich miteinander austauscht, nicht mit Vorgaben aus dem Elfenbeinturm“.

Insbesondere die Corona-Pandemie habe die herausragende Bedeutung der Apotheken als wichtigsten Gesundheits-Nahversorger verdeutlicht. „Die Apotheken haben die Arzneimittelversorgung in unserem Land sichergestellt“ betonte Dr. Kippels.

Nach zweistündiger lebhafter Diskussion resümiert Seif: „Die Sorgen und Bedenken der Apothekerinnen und Apotheker müssen von der Politik wahrgenommen werden. Das von Lauterbach in Kauf genommene Apothekensterben ist nicht akzeptabel.“

In einem Brief fordert Detlef Seif jetzt den Bundesgesundheitsminister auf, bei seinem Referentenentwurf deutlich nachzubessern. Vor allem müsse eine gesetzliche Regelung geschaffen werden, damit die bisherigen Preisnachlässe, die einen wesentlichen Bestandteil der Honorarvergütung ausmachen, weiterhin möglich sind. Detlef Seif wörtlich an Lauterbach: „Wenn Sie in der Theorie behaupten, dass Sie mit Ihrem Gesetz den ländlichen Raum stärken wollen, wird in der Praxis nach einem Apothekensterben die Unterversorgung der Menschen im ländlichen Raum folgen. Das ist unverantwortlich. Bessern Sie Ihren Entwurf nach!“