Hochwasserschutz - Lernen aus der Katastrophe

02.09.2025

Ministerpräsident Kretschmer zu Gast bei der Kreis CDU - Austausch über Prävention, Solidarität, Wiederaufbau und Resilienz

Mehr als zwei Jahre nach der verheerenden Flutkatastrophe vom Juli 2021 hat die CDU im Kreis Euskirchen ein starkes Signal für Zusammenarbeit und Prävention gesetzt. Unter dem Titel „Hochwasserschutz - Lernen aus der Katastrophe“ kamen am 30.08.2025 im Rats- und Bürgersaal in Bad Münstereifel Vertreterinnen und Vertreter aus Politik, Verwaltung, Fachverbänden sowie Projektsteuerung zusammen.

Ehrengast des Abends war der Ministerpräsident des Freistaates Sachsen, Michael Kretschmer, der sich persönlich ein Bild von den Maßnahmen vor Ort machte und die fachliche Diskussion bereicherte. Moderiert wurde die Veranstaltung von Ingo Pfennings, Bürgermeister der Stadt Schleiden und CDU-Kreisvorsitzender, der den Ministerpräsident aufgrund der Hochwassererfahrungen des Freistaates eingeladen hatte.

In dem Zusammenhang erinnerte er an das Elbhochwasser im Freistaat Sachsen im Jahr 2002, das spätestens seit der medialen Präsenz von Gerhard Schröder, der in Gummistiefeln durch die schwer getroffene Stadt Grimma im Landkreis Leipzig gegangen ist und wohl auch deswegen die damalige Kanzlerwahl gewannt, bundesweite Berühmtheit erlangt hatte.

Nach weiteren Hochwassern an Elbe und Neiße war zuletzt bundesweit die Carolabrücke in Dresden in aller Munde, die fälschlicherweise oftmals in einen direkten Hochwasserkontext gesetzt wurde, aber eigentlich ein Opfer von Materialermüdung war. Wäre Sie jedoch unkontrolliert in die Elbe gestürzt, wäre eine massive Hochwassergefahr durch sie ausgegangen.

Da man sich also im Freistaat mit Wasser und den zugehörigen Gefahren auskenne und die Projektsteuerung der Stadt Bad Münstereifel für den Wiederaufbau aus Sachsen komme und einige der Mitarbeiter der Stadtverwaltung sich in Sachsen zum Thema Wiederaufbau informiert haben, passe der Besuch von Ministerpräsident Kretschmer im Kreis Euskirchen ideal, dem er dafür auch sehr danke, so Pfennings.

Ein Abend des intensiven Austauschs

Zunächst stellte Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin der Stadt Bad Münstereifel, in einem Impulsvortrag eindrucksvoll die massiven Schäden und Herausforderungen in der Kurstadt nach der Flut dar. Sie präsentierte zugleich die Maßnahmen, die ihre Stadt seitdem angestoßen hat, darunter die Planung von Rückhalteräumen, den Schutz kommunaler Infrastruktur sowie der Mitwirkung in einer interkommunalen Hochwasserschutzkooperation, die inzwischen 21 Mitglieder zählt.

„Die Flut hat uns allen deutlich gemacht, dass kommunaler Hochwasserschutz nicht an Stadt-, Kreis- oder Landesgrenzen Halt machen darf. Wasser kennt keine Grenzen. Deshalb müssen wir vernetzt planen und handeln. Der Austausch mit Sachsen zeigt: Wir können voneinander lernen und uns gegenseitig stärken, damit solche Katastrophen nicht erneut in diesem Ausmaß eintreten.“, betonte Sabine Preiser-Marian.

Im Anschluss beleuchtete Ronny Großer (C&E Consulting und Engineering aus Chemnitz) die Parallelen und Unterschiede zwischen Sachsen und NRW. Er machte klar: Auch wenn nicht alle Situationen direkt vergleichbar seien, ließen sich viele wertvolle Erkenntnisse übertragen.

Schutz durch Talsperren und Solidarität

Im Fachgespräch mit den Verbandsvertretern rückte die Bedeutung der Kombination aus baulichen Anlagen, Renaturierung und Retentionsflächen in den Vordergrund. Dr.-Ing. Joachim Reichert (Wasserverband Eifel-Rur) erläuterte, dass die Urft- und die Olef-Talsperrensysteme im Juli 2021 entscheidend dazu beigetragen hätten, noch größere Schäden und Menschenopfer zu verhindern - bis hin in die Niederlande. Prof. Heinrich Schäfer (Erftverband) betonte die Solidarität innerhalb der Wasserverbände: „Auch dort, wo keine unmittelbaren Schäden entstanden sind, ist das Bewusstsein groß, dass die Schutzmaßnahmen allen zugutekommen - das Solidarprinzip funktioniert.“ Beide bekräftigten die entscheidende Bedeutung interkommunaler Zusammenarbeit und arbeiten deswegen auch auf Verbandsebene eng vernetzt miteinander.

Eindrücke aus Sachsen

Ministerpräsident Michael Kretschmer zeigte sich tief beeindruckt von den Leistungen in der Region. Es sei außerordentlich, was hier in Bad Münstereifel, in Schleiden und im gesamten Kreis Euskirchen bereits erreicht wurde. Er teile die Aussage von Heimatministerin Ina Scharrenbach, dass die fachliche Kompetenz und die tatkräftige Arbeit beeindruckend seien und als Vorbild für andere Regionen dienen könnten. „NRW und besonders der Kreis Euskirchen sind viel weiter als Rheinland-Pfalz“, was auch an den schnellen und ziemlich unbürokratischen Hilfe der Landesregierung seines Amts- und Parteikollegen Hendrik Wüst läge. „Das ist eine Sache des Vertrauens“, so Kretschmer. Genau das habe er bei der Ampelregierung vermisst.

Gleichzeitig nahm Kretschmer kein Blatt vor den Mund: Planungs- und Genehmigungs-prozesse in Deutschland seien zu langsam. Es müsse dringend eine Beschleunigung her, damit wichtige Schutzmaßnahmen nicht in bürokratischen Verfahren stecken bleiben.

Zudem sprach er offen das Problem an, dass kommunale Personalkosten in der Wiederaufbauförderichtlinie nicht berücksichtigt werden. Kommunen erhalten zwar Mittel für den Wiederaufbau, aber nicht für die dringend notwendigen Fachkräfte, die diese Maßnahmen dann auch umsetzen können.

Ingo Pfennings nahm den Ball dankend auf: „Als Bürgermeister der Stadt Schleiden habe ich aktuell zehn Planstellen für 1312 Baumaßnahmen des Regelbetriebs und des Wiederaufbaus, davon sind derzeit nur 8 Stellen besetzt. Meines Wissens wurde die Ablehnung seinerzeit von Christian Lindner damit begründet, dass man ja nicht sicherstellen könne, dass ein für den Wiederaufbau in der Stadt angestellt Mitarbeiter wirklich nur am Wiederaufbau und nicht etwa auch an kommunalen Vorhaben arbeitet, die mit der Flut in keinem Zusammenhang stünden.“

„Das hätte Angela Merkel anders gemacht“, fügte Kretschmer hinzu und sei der Bevölkerung nicht zu erklären. „Den Kommunen werden riesige Summen für den Wiederaufbau zur Verfügung gestellt, diese zu verbauen soll dann aber über die kommunalen Haushalte abgedeckt werden - ein Unding und der Bevölkerung nicht zu erklären!“, so Kretschmer.

Preiser-Marian bat den Ministerpräsidenten, das Thema nochmals in die Beratungen auf Bundesebene einfließen zu lassen, da noch Zeit sei, diesen schweren Fehler zu beheben.

Peter Kramp, der unter anderem für die Stadt Zülpich ein Hochwasserschutzkonzept erarbeitet hat, bat den Ministerpräsidenten außerdem, sich das Genehmigungsverfahren des LNG-Terminals in Wilhelmshaven anzuschauen. Bei diesem wurden alle planungsrechtlichen Register für eine schnelle Realisierung gezogen, etwas, das beim Thema Hochwasser-schutzmaßnahmen eigentlich auch möglich sein sollte!

Blick auf die Menschen: Resilienz stärken

Zum Abschluss erweiterte die Kreistagsfraktionsvorsitzende Ute Stolz noch den Blickwinkel: „Hochwasserschutz ist mehr als Technik, Deiche und Talsperren. Es geht auch um die Menschen. Dazu gehört die psychosoziale Notfallversorgung genauso wie die Frage, wie wir die Resilienz unserer Bevölkerung stärken können - daher bin ich unheimlich dankbar, dass beispielsweise das Hilfszentrum in Schleiden als Leuchtturm und Musterbeispiel der Zusammenarbeit vieler für die Betroffenen eingerichtet wurde. Denn nur wenn die Menschen vorbereitet und gestärkt sind, können wir gemeinsam Krisen meistern.“

Am Ende regte Kretschmer an, gemeinsam mit NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst einen länderübergreifenden Hochwasserschutzgipfel zu initiieren. Man sollte die Expertise aus Sachsen und Nordrhein-Westfalen bündeln und gemeinsam einen Gipfel organisieren, bei dem alle Fachleute und Verantwortlichen an einem Tisch sitzen. Dieser Vorschlag stieß bei allen Anwesenden auf große Zustimmung.

Ein Signal der Zusammenarbeit

Die Veranstaltung machte eindrucksvoll deutlich, wie wichtig der länderübergreifende Austausch für den Hochwasserschutz ist. Die Katastrophen von 2002 in Sachsen und von 2021 im Rheinland haben gezeigt, dass Prävention, Solidarität und gemeinsames Handeln überlebenswichtig sind.

Wir als CDU-Familie wollen diesen Weg konsequent weitergehen - im Sinne einer widerstandsfähigen und zukunftsorientierten Hochwasserschutzstrategie, die Menschen und Infrastruktur gleichermaßen schützt!